Wort-Gottes-Feier

„Sonntagsgottesdienst— auch wenn kein Priester da ist“

 Unter diesem Titel hat 1977 Bischof Dr. Georg Moser, der unsere Diözese in den Jahren 1975 – 1988 geleitet hat, einen viel beachteten Hirtenbrief veröffentlicht.

Er spricht darin von der Not, dass nicht mehr in allen Gemeinden an jedem Sonntag Eucharistie gefeiert werden kann, plädiert in diesem Zusammenhang aber entschieden dafür, statt auf andere Gemeinden auszuweichen (wörtlich: „Einer solchen Auszehrung dürfen wir unsere Gemeinden nicht ausliefern“), sich zu Wortgottesdiensten bzw. zu Wortgottesdiensten mit Kommunionfeier zu versammeln. 

Allen Gemeinden legt er ans Herz: „Besuchen Sie die sonntäglichen Wortgottesdienste und Kommunionfeiern, wo diese nötig sind, ebenso eifrig wie die bislang gewohnte sonntägliche Messfeier. Ja, die ganze Gemeinde soll sich eher mit noch größerer Verantwortlichkeit an diesen Gottesdienstfeiern beteiligen“. 

Dem Zweiten Vatikanischen Konzil war es ein ganz wichtiges Anliegen, nach einer Phase, in der fast nur noch das Geschehen auf dem Altar im Bewusstsein war, dem Wort Gottes wieder die ihm zukommende Bedeutung zurückzugeben. Der Ambo ist insofern weit mehr als nur ein Lesepult, er ist der „Thron“ der heiligen Schrift, der „Tisch des Wortes“, der für uns nicht weniger wertvolle Nahrung bereit hält als der Altar. Das Konzil und alle daran anknüpfenden Synoden legen den Gemeinden ans Herz, die ganze Vielfalt von Gottesdienstformen neu zu entdecken und zu pflegen.

Wer sein Fernbleiben beim Gemeindegottesdienst damit rechtfertigt, an dem Sonntag sei ja „nur“ Wortgottesdienst oder da sei „kein richtiger“ Gottesdienst, muss sich die Frage gefallen lassen, ob er dem Wort Gottes die nötige Ehrfurcht und Offenheit entgegen bringt. 

Um das Missverständnis zu vermeiden, ein Sonntagsgottesdienst ohne Priester sei eine Verkürzung auf jenen Teil der Messe, der bis zur Gabenbereitung dauert und weniger wichtig als das, was danach folgt, haben sich die Bischöfe im deutschsprachigen Raum auf den Begriff „Wort-Gottes-Feier“ geeinigt und zu deren Gestaltung gemeinsame Richtlinien und ein eigenes Feierbuch entwickelt.

Im Vorwort dazu zitiert Kardinal Meisner aus der Enzyklika Papst Johannes Paul ll. „Ecclesia de Eucharistia“: „Wenn einer Gemeinde der Priester fehlt, sucht man mit Recht nach einer gewissen Abhilfe, damit die sonntäglichen Gottesdienste weiterhin stattfinden. Die Ordensleute und Laien, die ihre Brüder und Schwestern im Gebet leiten, üben in lobenswerter Weise das gemeinsame Priestertum aller Gläubigen aus, das in der Taufgnade gründet.“  Wenn auch „normale“ Gemeindemitglieder eine Wort-Gottes-Feier leiten, ist das weder Amtsanmaßung noch Ausdruck persönlicher Profilierungswünsche, sie tun es vielmehr im offiziellen Auftrag unserer Kirche; wenn sie es regelmäßig tun, auch mit ausdrücklicher schriftlicher Beauftragung des Bischofs. 

In unseren Gemeinden gibt es regelmäßig Wort-Gottes-Feiern mit Kommunion am Sonntag in Kleinglattbach und ab und zu in den anderen Teilorten, meist am Samstagabend.

Unsere Diözesansynode und unsere Bischöfe lassen keinen Zweifel daran, dass, wenn eine Eucharistiefeier nicht möglich ist, mit der Teilnahme an einer Wort-Gottes-Feier sie den „Sinn der Sonntagspflicht“ erfüllt sehen. Wie angemessen der Begriff „Sonntagspflicht“ in diesem Zusammenhang überhaupt ist, wäre nochmals eine ganz eigene Frage.

Die kürzeste und wichtigste Begründung, warum in jeder Gemeinde auch dann Gottesdienst gefeiert werden soll, wenn kein Priester zur Verfügung steht, gibt unsere Diözesansynode: „…damit Kirche am Ort sichtbar wird und die Menschen ihren Herrn und einander nicht aus den Augen verlieren“.

Nicht ganz unwichtig ist dabei das Wort „einander“. Paulus geht sogar so weit, das Miteinander einer Gemeinde als „Leib Christi“ zu bezeichnen, als Gestalt also, in der Christus unter uns weiterlebt. Wer am Sonntag dem Gemeindegottesdienst fern bleibt, sollte diesen Aspekt eines sich Absonderns von dieser Gestalt des Leibes Christi nicht ganz aus den Augen verlieren.

Noch eine Bemerkung scheint uns wichtig zu sein. Unsere Kirche ist der festen Überzeugung, dass das Brot der Eucharistie mit dem Ende der Messfeier nicht seine Bedeutung verliert, Christus zu repräsentieren. Wir gehen deshalb mit Ehrfurcht damit um, bewahren es im Tabernakel auf und knien vor ihm nieder. Wer es bei einer mit der Wort-Gottes-Feier verbundenen Kommunionfeier empfängt, steht in Verbindung mit jener Eucharistiefeier der Gemeinde, in der es seine Bedeutung erhalten hat und darf sicher sein, den Leib Christi zu empfangen (und nicht ein „Lebensmittel“, das gewissermaßen einem „Verfallsdatum“ unterworfen wäre).